Leseteufel Deutsch

Stanisic Sasa

    Vor dem Fest

Luchterhand, München 2014

Precht

Sasa Stanisic wurde 1978 in Visegrad geboren und kam mit 14 Jahren als Kriegsflüchtling nach Deutschland. Wie Alina Bronsky schreibt er in erfrischend originellem, allerdings oft unorthodoxem Deutsch und hat ja für “Vor dem Fest” auch den deutschen Literaturpreis in Leipzig bekommen.

Leider kommt dieser Roman bei weitem nicht an seinen Erstling “Wie der Soldat das Grammophon reparierte” heran, auch wenn es schon beeindruckt, wie sehr er sich in seinem uckermärkischen Fürstenfelde einlebt und geradezu liebevoll die verschiedenen skurrilen Bewohner bei ihren Vorbereitungen für das Annenfest am nächsten Tag begleitet.

Er erzählt in der Wir-Form, als kollektive Stimme des Dorfes, wobei Geschichte und Gegenwart ineinander übergehen und dadurch ein Gesamtbild entstehen soll. Als klassisches “Dingsymbol”, wenn der Leseteufel das als gerade noch p. c. sagen darf, dient die Füchsin, die um das Dorf herumstreicht, um unbeobachtet Mord und Totschlag, zumindest an den Hühnern begehen zu können: “Die Natur erobert sich zurück, was ihr gehört. Würde man woanders sagen. Wir sagen das nicht. Weil es Unfug ist. Die Natur ist inkonsequent. Auf die Natur ist kein Verlass. Und auf was du dich nicht verlassen kannst, damit bau keine Redewendungen.” (S.11)

Bis etwa zur Mitte des Buches vertieft der Leseteufel sich geduldig in diesen kleinen beispielhaften menschlichen Kosmos, dann lässt das Interesse nach, denn vieles wiederholt sich bis in die Sprachbilder hinein. Und der naive Grundton wirkt nach einer Weile manieriert. Moritz v. Uslars “Deutschboden” mag nicht so emblematisch aufgeladen und artifiziell konstruiert sein, aber bewegt den Leser letztlich wegen seiner Ehrlichkeit doch mehr.