Weite_Welt

Petrovic Goran

Die Villa am Rande der Zeit

dtv, München 2010

Ernestam2

Goran Petrovic lebt in Belgrad, arbeitet als Verlagslektor und ist Bestsellerautor in Serbien, gerade mit diesem hervorragend von Susanne Böhm-Milosavljevic übersetzten Roman, was eindeutig für die serbische Leserschaft spricht, denn ein eingängiger Roman ist “Die Villa am Rande der Zeit” nicht.

Wie bei Jasper Fforde, Michael Ende oder dem Urahnen aller romantischen Literatur, E.T. A. Hoffmann, wechseln die Erzählebenen munter zwischen Realität und Fiktion, hier zwischen dem wahren Leben des Studenten Adam, der ein seltenes Buchexemplar lektorieren soll, und der fiktiven Welt in diesem Roman, in der er in einer liebevoll und ekklektisch beschriebenen Villa herumspazieren und dabei die Leser treffen kann, die gleichzeitig mit ihm ein Exemplar des Buches in die Hand nehmen und zufällig an der gleichen Stelle lesen.

Adam ist verwirrt und forscht im Leben des längst verstorbenen Autors herum, wobei er allmählich der Entstehungsgeschichte des Buches auf die Spur kommt. Es wurde als “Roman ohne Handlung” verfasst mit dem einzigen Ziel, der Geliebten einen immer kunstvoller ausgeschmückten Treffpunkt und Aufenthaltsort in der Fiktion zu ermöglichen, da sie sich im wirklichen Leben nicht treffen  können.

Als der Autor endlich seiner Geliebten zufällig in der Wirklichkeit begegnet, erkennt sie ihn nicht. Aus Verzweiflung stürzt er sich in die Donau. Diese Geschichte in der Geschichte wiederholt sich mit Adam, der auch seine Liebe im Roman trifft. Für beide hat aber ihre Liebe auch in der Realität ein glückliches Ende.

Verwoben in diese Zauberspiegel-Geschichte ist die jüngere Geschichte Serbiens, für nicht Eingeweihte etwas schwierig.

Traurig stimmt den Leseteufel, dass ein Roman wie dieser und zahlreiche andere, die dem Lesen magische Qualitäten zuschreiben, eigentlich aufzeigt, wie wenig das passionierte Lesen noch Allgemeingut ist, sondern nur noch in seiner verschwörerisch magischen Qualität Bestand haben kann.