Volk&Welt, Berlin o. J

Dieses ohne Erscheinungsjahr dafür aber mit einem Nachwort der Herausgeberin versehene Bändchen ist liebevoll mit Zeichnungen von und mit Charms ausgestattet. Der Autor Daniil Iwanowitsch Juwatschow, der 1905 in Petersburg geboren wurde und 1942 im Gefängnis starb, hat sich selbst den Namen Charms gegeben und gründete mit Gleichgesinnten in Leningrad die Gruppe “Oberiu”, wohl eine Vereinigung von Dadaisten.

Charms schreibt völlig schwerelos amoralisch sinnfrei und hat sich seinen Namen zu Recht gegeben. Seine “Zwischenfälle”, alles Kurz- und Kürzestgeschichten, erzählen absurde Begebenheiten, Witze ohne Pointe, Alltagskatastrophen, deren einzige Konstante ist, dass die Akteure sich jeweils irgendwann zusammensetzen, um unter erheblichem Einsatz von Wodka die Sinnlosigkeit ihres Daseins zu ertränken.

 Der Leser erfährt wie nebenbei von den armseligen Lebensbedingungen im kommunistischen Arbeiterparadies mit Blockwart und Gemeinschaftswohnungen. Im Unterschied zu deutschen oder österreichischen Dadaisten kommt in Charms Erzählungen eine gehörige Portion Brutalität dazu, die im Ton völligen Gleichmuts reportiert wird. Der Leseteufel kann nur in therapeutischen Dosen diese Geschichten verkraften, aber sie sind grandios.