Abdolah Kader
Das Haus an der Moschee
Kader Abdolah ist das Pseudonym eines 1954 geborenen Iraners, der seit 1988 im Exil in den Niederlanden lebt und dort auch in der Gastsprache schreibt. Und wie das immer so mit den Emigranten ist, wird die alte Heimat gern in der Erinnerung verklärt.
Wir lernen die Großfamilie des geachteten, reichen Teppichhändlers Agha Djan kennen, die seit Jahrhunderten im Haus an der Moschee lebt und diese besitzt und betreut. Bis in die 60iger war diese dem Islam und der Tradition verwurzelte Welt in Ordnung.
Dann brechen mit dem Regime von Reza Palawi und seiner Frau Farah Diba neue Zeiten an. Kraftwerke werden gebaut, Ölfelder mit Hilfe der Amerikaner erschlossen, Kinos und Fernseher tauchen auf. Die Mullahs sehen mit den Modernisierungsbestrebungen des Schahs ihre Macht über die Menschen schwinden.
Von Ghom wird über die Imamschulung die Opposition gegen das weltliche Herrscherhaus gesteuert. Agha Djan macht über die Bestellung eines neuen Imams in der Moschee auch mit. Die Amerikaner werden wegen ihres Einflusses auf den Schah als die Macht des Bösen verteufelt. Gleichzeitig entsteht eine kommunistische Oppositionsbewegung vornehmlich junger Studenten, zu der auch Schahbal gehört, der Sohn des Hausmeisters, den Agha Djan eigentlich zum Nachfolger für sein Teppichimperium ausgesucht hatte.
In die Wirren des Religionskriegs, den der aus dem französischen Exil zurückgekehrte Ayatolla Chomeini anzettelt, werden alle Mitglieder der Familie hineingezogen, teils auf Seiten der blindwütigen Ayatollas, teils, wie im Fall Schahbals, auf Seiten der Kommunisten.
Das führt so weit, dass Agha Djan den Leichnam seines hingerichteten Sohnes nicht mal beerdigen darf und mit der Leiche im Gebirge herumirrt, bis ein Verwandter sich seiner erbarmt. Schahbal (Kader Abdolah) flieht in die Niederlande.
Erstaunlich, dass die allem Modernen so abholden Mullahs immer im großen schwarzen Mercedes chauffiert werden, aber das ist nur eine Marginalie.
Gerne rezitiert Abdolah Suren aus dem Koran, die den Leseteufel hauptsächlich durch ihre blumige Poesie und Auslegungsbedürftigkeit beeindrucken und insoweit Vorurteile, die dem Islam gegenüber bestehen, eher verstärken als abbauen. Kein Wunder auch, dass eine so der Tradition verhaftete Gesellschaft wirtschaftlich nicht auf die Beine kommen kann. Ob das nach fast 50 Jahren anders ist?