Leseteufel Deutsch

Zeh Juli

    Nullzeit

Schöffling & Co, Frankfurt 2012

Precht

Juli Zeh (Jg.1974) hat sich mit Energie und guten Verbindungen einen festen Platz in der deutschen Literaturszene verschafft. Als Juristin legte sie schon Verfassungsbeschwerde gegen den biometrischen Reisepass ein, zur Wahl von Rot-Grün rief sie eifrig auf und im Zusammenhang mit der NSA-Affäre schrieb sie der Bundeskanzlerin einen offenen Brief. Ihr Herz gehört wohl Hunden, ist sie doch “Tierschutzbotschafterin” der Stiftung “Vier Pfoten”, und so kommt auch einzig der Hund in diesem Roman sympathisch rüber.

Ihre Biografie erinnert nicht zufällig an die ihrer wesentlich jüngeren Protagonistin Jola (Juli) im Roman “Nullzeit”, einer sehr ehrgeizigen, attraktiven, vom berühmten Vater protegierten Schauspielerin, der der Durchbruch gelingen soll durch die Verkörperung einer Taucherin. Zur Vorbereitung auf das Casting für diese ersehnte Hauptrolle hat sie mit ihrem 12 Jahre älteren Schriftstellerpartner Theo, dem “alten Mann”, einen Tauchlehrgang in Lanzarote gebucht bei dem Aussteiger Sven und dessen Partnerin Antje. Für 14 000 Euro soll er rund um die Uhr für sie da sein, und das nimmt Jola durchaus wörtlich. Sven, der sich aus dem “Kriegsschauplatz” Deutschland hierher geflüchtet hat, verfällt Jola, was zu den üblichen Verwicklungen führt. Erzählt wird die auf eine Katastrophe zusteuernde Handlung aus seiner Sicht und in Tagebucheinträgen aus der Sicht Jolas. Der Leser darf schnell erkennen, dass Jola Psychopathin ist und die Wirklichkeit einschließlich ihrer Hassliebe zu dem “alten Mann” verzerrt darstellt. Als Sven an seinem 40. Geburtstag einen lang geplanten Tauchgang zu einem Wrack angeht, “helfen” ihm Jola und Theo. Der Titel des Buches stellt diese Szene dar, nämlich die Zeit, die für das Auftauchen eingeplant werden muss. Jola versucht, Theo zu ermorden, indem sie ihn verwundet und mit Bleigewichten versenkt, Sven rettet ihn nach einer Sekunde Zaudern. Seine Existenz als Tauchlehrer jedoch ist zerstört, er muss die Insel verlassen und einsehen, dass man sich nicht einfach aus allem heraushalten kann, die Moral von der Geschicht. Ach, wie dramatisch.

Wäre Juli Zeh nicht so von ihrer literarischen Bedeutung überzeugt, hätte sie erkannt, dass die viel spannendere Geschichte “Gone Girl” von Gillian Flynn das gleiche Thema zum Inhalt hat. Aber sie liest sicher keine U- sondern nur ihre eigene E-Literatur und bemüht sich allzu sehr um ausgesuchten  Stil: “Das Schweigen der Minerale. Nicht einmal ein Vogel ließ sich blicken. Der Wind rüttelte am Auto, als wollte er rein.” (S.14)