Leseteufel Deutsch

Magnusson Kristof

    Das war ich nicht

Kunstmann, München 2010

Precht

Zu Recht stand dieser Roman auf der Auswahlliste zum diesjährigen Buchpreis, und wenn es nach dem Leseteufel ginge, hätte Magnusson ihn auch bekommen. Was für ein perfektes Buch! Kaum zu glauben, dass sein Autor gerade mal 34 Jahre alt ist, denn er schreibt mit einer so erstaunlich umfassenden Weltsicht, dass es einem beim Lesen fast den Atem nimmt. Und dabei ist er völlig unpretentiös, will keine Message verkaufen, kein Welt-Schmerz-Ich-Gefühl aufdrängen, sondern konzentriert sich ganz auf die Entwicklung der Dreiecksgeschichte seiner Figuren, die abwechselnd in der Ich-Form erzählen.

Zuerst lernen wir den Deutschen Jasper kennen, einen 30jährigen Banker bei Rutherford&Gold in Chicago, der es endlich in den Händlersaal geschafft hat und Termingeschäfte mit so großer Begeisterung abwickelt, dass sein Tag schon um 4 Uhr morgens beginnt.

Als nächstes stellt sich Meike vor, eine ebenfalls dreißigjährige Übersetzerin, die gerade von einer allzu bürgerlich werdenden Beziehung in Hamburg aufs Land in einen verfallenden Bauernhof geflüchtet ist, den sie mit dem Honorar einer Bestsellerübersetzung bezahlen will.

Dann treffen wir, wieder in Chicago, Henry, den gerade 60 gewordenen Erfolgsschriftsteller, auf dessen neuestes “Jahrhundertwerk” Meike vergeblich wartet, weil den Meister eine nachhaltige Schreibhemmung lähmt. Davor flüchtet er sich in ein Luxushotel.

Als Meike sich mit ihrem letzten Geld nach Chicago aufmacht, um den Schriftsteller aufzuspüren, beginnen sich die Lebenslinien dieser drei Figuren zu treffen und verwickeln.

Am spannendsten ist für den Leseteufel, Jasper bei seinen immer gewagteren Finanztransaktionen über die Schulter zu schauen, die zum ersten Mal verständlich dargestellt werden und schließlich zum großen Crash führen. Magnusson erklärt auch in einem Interview, dass er schon mit 14 Aktien gekauft hat und die Finanzwelt höchst spannend findet.

Für diesen Roman muss man sich Zeit nehmen, denn einmal angefangen, kann man ihn nicht mehr aus der Hand legen. Und er lässt einen mit genug “food for thought” für lange Zeit zurück.

Unbedingt jetzt Magnussons Debutroman “Zuhause” von  2005 lesen!