Leseteufel Deutsch

Schirrmacher Frank

    Das Methusalem-Komplott

Blessing, München 2004

Precht

Als Mitherausgeber der FAZ schreibt Schirrmacher (Jahrgang1959) gerne Bücher mit so griffigen Titeln wie “Die Darwin AG”, die dem vorliegenden gleich zur Kategorie der Sachbücher gehören, was für Schirrmacher auch eine Ausrede dafür ist, dass er sich mit seinem Stil nicht allzu große Mühe gibt. Andererseits beherrscht er die etwas schrille Tonlage des  Katastrophenjournalismus perfekt. Das hält einen auch die ersten 50 Seiten dieses Gerontothrillers in Atem, denn er beschwört die ausweglose Lage, in die wir Alten spätestens 2050 geraten werden, wenn sich die noch übrig gebliebenen Jungen gegen uns verschwören.

Das ist also mit dem zweideutigen Titel gemeint, während ich angenommen hatte, wir Alten würden ein Komplott gegen die Jungen schmieden. Auch gut. Schirrmacher will uns Alte aufrütteln, damit wir in guter Kantscher Tradition aus unserer selbst verschuldeten Unmündigkeit ausbrechen und die Geschicke in die Hand nehmen. Als Beweis dafür zitiert er unter vielen anderen Tolkien: Gandalf, der Theoden aus seiner eingebildeten Gebrechlichkeit aufrüttelt und in die Schlacht führt. Vergisst Schirrmacher, dass Theoden prompt in dieser getötet wird? Und er lässt dabei außer acht, dass zwar statistisch die Menschen immer älter werden, aber nicht unbedingt alle so fit bleiben wie Gandalf. Senile Hinfälligkeit tritt nach Schirrmachers Meinung erst ab 80 Jahren auf, bis dahin seien die Alten putzmunter und fähig zur Konterrevolution, vor allem, da er sie bis 70 arbeiten lassen möchte. Er will die Alten aus ihrer gesellschaftlichen Unsichtbarkeit herausholen, und das ist sicher ehrenhaft.  Ich befürchte aber, dass die Alten eines nicht allzu fernen Tages krank am Straßenrand  liegengelassen werden und auf den Tod warten, so wie ich das in China gesehen habe.