Leseteufel Deutsch

Stricker Sarah

    Fünf Kopeken

Eichborn/Bastei-Lübbe, Köln 2013

Precht

Sarah Stricker, Jg. 1980, gelernte Journalistin, hat mit ihrem Erstling einen dickleibigen Familienroman vorgelegt, ganz in der Tradition von Alina Bronsky, der wesentlich älteren Ulla Hahn oder gar von  Arno Geiger.

Wie diese spart auch sie nicht mit originellen, überspitzt dargestellten Familienmitgliedern. Als bedingt taugliches Erzählgerüst dient die Mutter auf dem Sterbebett, die ihrer Tochter endlich ihre Lebensgeschichte in Abschnitten erzählt, von dieser (Sarah?) in Ich-Form und so detailliert wiedergegeben, dass den Leseteufel ernste Zweifel beschleichen ob der Authentizität des Narrativs.

Stricker überschlägt sich sprachlich schier, um der Geschichte Originalität zukommen zu lassen. So ist der Großvater, Kriegsheimkehrer aus russischer Gefangenschaft, geradezu manisch bemüht, nicht nur sein Bekleidungsgeschäft zum ersten am Platze zu machen, sondern auch Sarahs Mutter Anna zur ersten in jeder Disziplin außer der Schönheit, was die erzählende Tochter nicht genug betonen kann. Also wieder mal eine problematische Mutter-Tochter-Beziehung.

Die Ich-Erzählerin lässt uns auch teilnehmen an ihrer Vorstellung von Ekel-Sex, den ihre Mutter stellvertretend durchmachen und bis ins kleinste berichten muss; soll das der Leseteufel wirklich glauben? Schon eher eine Erzählkrücke als ein Gerüst.

Als ihre hässliche Mutter geboren wird, meint der Großvater:”” Kopp wie än Pferdearsch. Soo groß”, sagte er und streckte die Arme von sich wie ein Grieche beim Sirtaki”. (S.9)

Weiter über die Mutter: ”Unglücklicherweise fiel ihr jedoch beim besten Willen niemand ein, der sich dem Problem hätte annehmen können, sodass sie bis auf weiteres erstmal Jungfrau blieb.” (S.85) Sarah Stricker für dieses Beispiel sprachlicher Meisterschaft zu loben fällt schwer und der Leseteufel muss gestehen, dass etwa bei der Mitte des 500-Seiten-Wälzers seine Geduld am Ende war.