Leseteufel Deutsch

Trojanow Ilija

    Der Weltensammler

Hanser, München 2006

Precht

Dieser Roman hat den Preis der Leipziger Buchmesse 2006 bekommen, und wohl zu Recht. Denn Trojanow hat sozusagen das ehrgeizige Gegenstück zu Kehlmanns “Vermessung der Welt” geschrieben. Und der Roman beginnt grandios. Auf den ersten Seiten erleben wir, wie sich mit dem  verbrennenden Reisetagebuch der Hauptfigur der Geruch einer Leichenverbrennung in Indien vermischt, und schon sind wir mitten im Geschehen.

Der britische Offizier Sir Richard Burton soll Mitte des 19. Jahrhunderts im Auftrag seiner Majestät, um mit James Bond zu sprechen, die politische Lage in Indien ausspionieren. Dieser Engländer kann sich nämlich nicht nur in kürzester Zeit eine fremde Sprache nach der anderen aneignen, sondern sich der fremden Gesellschaft, in der er lebt, wie ein Chamäleon anverwandeln.

Er sucht sich einen indischen Gelehrten und eine Geliebte, von denen er sich initiieren lässt. Trojanow gibt ihm den Diener Naukaram bei, um das Geschehen aus zwei Perspektiven erzählen zu können. Wirkt etwas hölzern, aber erfüllt seinen Zweck. Allerdings bleibt dem Leseteufel dieser Burton seltsam papieren, obwohl Trojanows blumig-orientalische Bilderwelt geradezu üppig wuchert, nur mühsam von seinem Lektor im Zaum gehalten, den Trojanow als einzigen in seiner Danksagung am Schluss hervorhebt. Trotzdem stolpern er und seine Leser fast auf jeder Seite über grammatische Ungetüme.

Jedenfalls wird Burton im zweiten Teil zum Moslem, um mit einer Karawane zur Hadsch zu ziehen. Hier vervollständigen Gespräche und Verhöre mit arabischen Regierungsbeamten das Bild, die in Burton einen Spion vermuten. Der Leser wird ein bisschen müde, hat sich eine Hadsch immer schon so vorgestellt.

Im dritten Teil will Burton zusammen mit einem englischen Kollegen zu den Nilquellen vordringen und unterzieht sich schier unglaublichen und leider auch unendlichen Strapazen. Die Schilderung wird gedoppelt durch seinen Begleiter, Sidi Mubarak Bombay, einen ehemaligen Sklaven, der seiner Familie im Rückblick von dieser Expedition weitschweifig erzählt. Diese Perspektivenvielfalt ist sicher für Literaturwissenschaftler ein weites Feld, der Leseteufel quält sich zum leider gar nicht fulminanten Ende.

Trojanow aber hat in Burton eine Figur gefunden, die ihm als Medium dient für seine eigenen Erfahrungen und Erlebnisse als Weltensammler: :...”Der stolze Burton Saheb verneigte sich....Es gibt keine Erklärung. Vielleicht, weil es ihm so leichtfiel. Wie kein anderer Mensch war er in der Lage, sich ohne Mühe in die Welt jedes anderen hineinzubegeben.” (S.182)