Englischsprachige Literatur

de Bernieres Louis

Traum aus Stein und Federn

Fischer, Frankfurt 2005

Galbraith3

Im englischen Original heißt dieser dickleibige Roman wesentlich weniger spektakulär, dafür passender “Birds without Wings”. De Bernieres wuchs im Nahen Osten auf, und der Leseteufel glaubt gerne, dass er Kleinasien aus eigener Anschauung schildert.

 Es geht um die Geschichte der fiktiven Kleinstadt Eskibahce, in der um 1900 christliche Griechen, Armenier, Juden und Türken in weich gezeichneter Harmonie leben, ermöglicht durch den Machtzerfall des Osmanischen Reiches. In mehrstimmigem Erzählstil erfahren wir von Iskander, dem Töpfer, der schönen Philotei, dem Herrscher über dieses kleine Reich, Rustem Bey, dem örtlichen Immam und orthodoxen Priester, und sie alle, alle haben sich lieb. Wenn nicht gerade eine treulose Ehefrau fast gesteinigt wird, der griechische Lehrer geprügelt und andere unfeine Kleinigkeiten den dörflichen Frieden stören. Dazu hören wir, immer wieder eingestreut, vom Aufstieg des Kemal Atatürk.

 Die erste Hälfte des Romans liest sich mit viel gutem Willen ganz leidlich, in der zweiten Hälfte kommt es dann zu reichlich Mord, Totschlag und Vertreibung, sowie Krieg und Abschlachten großen Stils. De Bernieres lässt sich in seiner Türkophilie durch nichts erschüttern. Die armen Bewohner leiden selbst am meisten darunter, dass sie die heilkundigen Armenier in den Tod treiben, alle Christen nach Griechenland verjagen, das jeweilig dazugehörige Eigentum zerstören oder in Besitz nehmen, und nun dastehen ohne Arzt und Schriftkundigen.

Eine kleine Anregung für den Verlag: Eine Landkarte des Gebietes hätte dem Verständnis der Handlung gut getan.