Leseteufel Deutsch

Meyer Kai

    Die Geisterseher

BasteiLübbe Bergisch Gladbach, 2003

Precht

Diese 1995 erstmals erschienene Roman trägt den Untertitel “ein unheimlicher Roman aus dem klassischen Weimar” und ist wohl bei BasteiLübbe gedacht als der ultimative Lesetipp für den deutschen Bildungsbürger, der endlich wieder mal etwas für seine klassische Bildung tun will, aber dabei auch gut unterhalten sein möchte. Sofort fühlt sich der Leseteufel angesprochen, da das moderne Weimar doch vertraut ist und so im Roman das klassische wieder aufersteht!

 Leider stellt sich sehr schnell heraus, dass Meyer dies zwar alles geschickt mit einkalkuliert hat, aber nicht in der Lage ist, eine auch nur halbwegs logische Geschichte zu erzählen, von Spannung ganz zu schweigen.

Die Hauptrollen spielen die Gebrüder Grimm, die als Studenten zu Goethe nach Weimar kommen. Wilhelm erzählt das ganze in Ich-Form. Fast das gesamte Personal der deutschen Klassik tritt auf, aber leider sprechen sie alle O-Ton Meyer, was insbesondere bei Goethe arg peinlich ist. Die beiden Herzensbrüder folgen einer geheimnisvollen jungen Frau nach Prag, wo E.T.A. Hoffmann selbst im Suff noch O-Ton Meyer sprechen muss. Das Geheimnisvolle bricht über sie herein in Form einer geheimnisvollen Geisterseher-Bruderschaft, es ist alles abstrus.

Nur ein Detail lohnt sich zu erwähnen: Sie geraten auf eine geheimnisvolle Burg “Vogelöd” und finden heraus, dass alle bedeutenden Schriftsteller, einschließlich Goethen sich schon dort aufgehalten haben, wenn sie Stoff oder Inspiration für ihre Werke suchten. Dass Meyer eine solche literarische Gralsburg Vogelöd nennt, erübrigt jede weitere Auseinandersetzung mit diesem Roman.