Leseteufel Deutsch

Straub Isabella

    Südbalkon

Blumenbar/Aufbauverlag, Berlin 2013

Precht

Isabella Straub, Jg 1968, kommt, anders als ihre arbeitslose Protagonistin Ruth Amsel, aus der Journalistik und Werbebranche, was ihr flotter, oft sarkastisch zugespitzter Stil auch verrät. Nur zweifelt das Leseteufelchen, dass eine arbeitsscheue, antriebslose Mittdreißigerin in diesem Stil von ihrem nach außen ereignislosen Leben erzählen würde.

Davon abgesehen ist Ruth eine genaue, ja gnadenlose Beobachterin aller Menschen um sich herum, als da sind natürlich Raoul, ihr recht gleichgültiger Liebhaber, und Maja, ihre willensstarke Freundin, die sie zu einer Ich-AG überreden will. Das versucht auch Herr Othmar, der Mann vom Arbeitsamt, hier “Gesellschaft für Wiedereingliederung” genannt. Ruth entzieht sich allen und treibt sich als gelangweilte Spaziergängerin herum.

Anfangs ist der Leseteufel begeistert von Straubs lakonisch-bösem Stil: “Der Mund ist ein überschätztes Körperteil..... Nichts anderes als ein Verdauungsschlauch, aufgepeppt mit Dekoelementen.” (S. 7). Einer von Ruths Zeitvertreiben ist es, die Kranken im Garten des Krankenhauses zu beobachten und ihnen bestimmte Krankheiten zuzuordnen:  “In einen Krankenhausgarten hineinschauen ist wie Zukunftsfernsehen, mit den Kanälen Demenz, Arthrose, Zirrhose.” (S. 13). Und als sie beim Textildiscounter ein T-Shirt aus der 3. Welt ersteht, meint sie: ”Das schlechte Gewissen wäscht sich bei 30° heraus.” (S. 20)

Aber mit der Zeit ermüden selbst diese Bonmots und der Leser würde sich ein bisschen mehr Handlung wünschen. Daran ändert auch nichts, als Ruth mehr ahnt als erfährt, dass Raoul sie mit der Nachbarin und wohl auch mit Maja betrügt. Es stört sie nicht weiter, denn sie selbst lässt sich auf eine im Vagen bleibende Beziehung zu dem Krankenpfleger Pawel ein.

Sicher ein interessantes Debut, mehr Tagebuch als Roman. Der Titel gebende Südbalkon ist das Equivalent zur “sunny side of life”, denn Ruth lebt in einem Hochhaus mit Westbalkon.