Englischsprachige Literatur

McLarty Ron

Die unglaubliche Reise des Smithy Ide

Goldmann, München 2006

Galbraith3

“The Memory of Running” heißt der amerikanische Titel dieses 2004 erstmals erschienen Romans, der, wenn man dem Klappentext Glauben schenken darf, nicht nur von Stephen King mit Lob geadelt wurde, sondern überhaupt sehr erfolgreich war. Mich erinnert das Sujet an “A Heartbreaking Work of a Literary Genius” von Dave Egger einerseits, an “Ich bin dann mal weg” von Harpe Kerkeling andererseits, und das sagt schon fast alles über das Buch. McLarty hat wohl auch bei Filmen, unter anderem “Forrest Gump” seine Ideen geholt, schließlich ist er hauptberuflich “Schauspieler in Nebenrollen”, wie er selbst in einem Interview auf seiner homepage sagt.

Worum geht es also: Ein fetter, alkoholsüchtiger,40jähriger Fließbandarbeiter in Rhode Island erfährt vom Unfalltod seiner geliebten Eltern, vom Tod seiner schizophrenen jüngeren Schwester, deren Leiche auf ihn in einem Kühlfach in Los Angeles wartet, sieht sein altes Raleigh-Rad und fährt spontan los, von allem weg, hin nach LA, das doch ein kleines Stück weit weg liegt.

Der Leseteufel hat nun schon viele Bücher von fanatischen Radlern gelesen, die meisten mit großem Interesse. Hier erlahmt selbiges aber sehr schnell, weil es ums Radeln überhaupt nicht geht, sondern es nur als Vehikel (!) dient, um Smithy (McLarty) ungehemmt über seine Kindheit, Jugend, Familie reminiszieren zu lassen, und das verstimmt nachhaltig, zumal Smithy den naiv-dümmlichen Ton eines Jugendlichen annimmt, der einem 40Jährigen einfach nicht mehr zukommt, Forrest Gump hin oder her.

Natürlich findet Smithy auf dieser langen Reise zu sich selbst, zu wem denn sonst, wird von den Menschen, die ihm begegnen, immer erst mal falsch eingeschätzt, bis sie seine wahre Größe erkennen. Und er verliert sein Übergewicht, so dass er auch äußerlich ein neuer Mensch wird, der schließlich zu seiner im Rollstuhl sitzenden Jugendfreundin Norma zurückfindet, weil er sich von seiner toten Schwester Bethany endlich innerlich lösen kann. Ach, Herz, Schmerz!